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Fachtag „Stay with the Trouble“ in Verden stärkt emanzipatorische Jugendarbeit

Der Fachtag  „Stay with the Trouble“ in Verden hat gezeigt, dass Jugendeinrichtungen häufig von unfachlichen politischen Intervention von Rechtsaußen betroffen sind. Dies stellt die Mitarbeiter*innen bisweilen vor große Herausforderungen. Die Fachverbände, wie die LAG OKJA Niedersachsen und die Mobile Beratung Niedersachsen gegen Rechtsextremismus bieten dabei Unterstützung und Beratung. Die  Studie „Stay with the Trouble“ bietet eine gute Grundlage, um den Interventionen zu begegnen. In der Praxis zählt aber die fachliche Argumentation und eine breite Solidarität gegen rechte Angriffe.

Offene Kinder- und Jugendarbeit ist immer wieder von unterschiedlicher Seite in Frage gestellt und angegriffen, weil offene Beziehungsangebote für Kinder und Jugendliche im Gemeinwesen bisweilen als exotisch wahrgenommen werden und der fachliche Hintergrund nicht verstanden wird.

Eine pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die sich explizit als emanzipatorisches Angebot zur Stärkung der Partizipation und Selbstbestimmung der Zielgruppen versteht, muss darüber hinaus damit rechnen, ins Visier von autoritären und ordnungspolitisch orientierten Akteur*innen zu geraten.

Die Offene Kinder- und Jugendarbeit ist – wie andere Felder der politischen Bildung und Demokratiebildung – seit ihrem Bestehen immer wieder konfrontiert mit politischen Interventionen; sei es im Jugendhilfeausschuss, im Stadtrat, in der medialen Öffentlichkeit oder auch in Form physischer Übergriffe.

Seit einigen Jahren entsteht durch die wachsende Präsenz einer äußersten Rechten eine neue Situation mit einer potenziell bedrohlicheren Intensität bis weit in die politischen Gremien hinein. Es mehren sich Berichte aus der Praxis über Angriffe, ›Extremismus‹-Vorwürfe und Neutralitäts- einforderungen, die den Handlungsspielraum der Jugendarbeit einschränken. Dichtere Befunde zu diesen Entwicklungen und ihren Dynamiken lagen jedoch bislang nicht vor.

Mit der Studie „Stay with the Trouble - Politische Interventionen im Arbeitsfeld der Offenen Kinder- und Jugendarbeit“ legte die Bundesarbeitsgemeinschaft der Offenen Kinder und Jugendeinrichtungen (BAG OKJE) mit einer wissenschaftlichen Arbeit eine gute Grundlage, um politischen Interventionen von Rechtsaußen fachlich zu begegnen. Moritz Schwerthelm, Mitautor der Studie und Mitarbeiter der BAG OKJE, erläuterte die wissenschaftlichen Ergebnisse mit nachvollziehbarem Praxisbezug.

Diese Publikation stellt die Ergebnisse einer bundesweiten Studie zu Infragestellungen, Einflussnahmen und Angriffen im Arbeitsfeld dar. Dazu wurden knapp 300 Fälle unter verschiedenen Fragestellungen analysiert: Wer sind die Betroffenen? Welche Konzepte und Inhalte werden infrage gestellt? Was sind Anlässe von Interventionen? Welche Auswirkungen haben sie? Und wie gehen die Betroffenen damit um?

Deutlich wird: Politische Interventionen haben viele Gesichter und es liegen ihnen unterschiedliche Zielsetzungen zugrunde. Ein großer Teil von ihnen zielt jedoch auf den Kern der Kinder- und Jugendarbeit ab, erschwert demokratisches Handeln sowie Positionierungen gegen Rassismus und Rechtsextremismus und für Menschrechte. Damit werden letztlich auch die Handlungsräume von jungen Menschen selbst eingeschränkt. Gleichzeitig belegt die Studie, dass entsprechende Interventionen bei den befragten Institutionen überdurchschnittlich häufig von der AfD kommen, gefolgt von CDU/CSU.

Die Studie zeigt zugleich, wie Betroffene erfolgreich mit diesen Interventionen umgehen und leitet hieraus Handlungsempfehlungen für Akteure der politischen Kinder- und Jugendbildung, für behördliche und politische Akteure sowie die Zivilgesellschaft insgesamt ab.

Fabian Ritter von der Landesarbeitsgemeinschaft der Offenen Kinder und Jugendfreizeiteinrichtungen Sachsen (LAG OKJF) erläuterte am Beispiel einer Jugendeinrichtung in einer sächsischen Kleinstadt wie solche Angriffe die Ressourcen der betroffenen Mitarbeiter*innen beanspruchen. Zugleich machte er aber auch deutlich, dass manche Teams gestärkt aus entsprechenden Auseinandersetzungen mit rechten Interventionen herausgehen würden. Die LAG OKJF Sachsen hält dafür Beratungsangebote bereit und unterstützt betroffene Mitarbeiter*innen im Rahmen des Projektes MUT.

Die Teilnehmer*innen des Fachtages in der Stadtbibliothek Verden konnten anschließend an zwei realen Fallbeispielen aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen selbst Lösungen erarbeiten und sich über eigene Erfahrungen austauschen.

Im abschließenden Podiumsgespräch gingen beide Referenten auf die die Fragen der Teilnehmenden ein und formulierten Empfehlungen für die Kinder- und Jugendarbeit: Vera H. von der Mobilen Beratung Niedersachsen gegen Rechtsextremismus für Demokratie die Erarbeitung von demokratischen Leitbildern für die jeweiligen Jugendeinrichtungen als fachliche Grundlage, die in der Praxis mit Leben gefüllt wird. Sie machte auch deutlich, dass das Beratungsangebot der Mobile Beratung bei rechten Interventionen genutzt werden sollte. Die Vertreterin der der LAG Offene Kinder- und Jugendarbeit Niedersachen musste krankheitsbedingt kurzfristig absagen.

In der Reflexion wurde deutlich, dass die Vorträge und Arbeitsgruppe außerordentlich informativ waren, der Zeitrahmen aber etwas zu knapp war, um für einen individuellen Austausch der Teilnehmenden zum Thema genügend Raum zu bieten. Dies soll mit einer weiteren Veranstaltung nachgeholt werden.  Abschließend verabschiedete Moderator Rudi Klemm von WABE e.V. die Teilnehmenden mit dem Hinweis, dass Angriffe von Rechtsaußen, darauf hindeuten, dass man/frau vieles richtig gemacht hat.

Weitere Infos und eine Verlinkung zur Studie unter www.wabe-info.de

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