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Saisonstart im Coronajahr: DGB fordert Schutz für Erntehelfer

Tausende Erntehelfer im Kreis Nienburg – DGB fordert besseren Sozial- und Infektionsschutz. Warnung vor Zuständen wie in der Fleischwirtschaft

Mit dem Saisonstart in der Landwirtschaft kommen auch in diesem Jahr tausende Erntehelfer in den Kreis Nienburg. Ende Juni 2020 waren 793 von ihnen ohne Kranken-, Arbeitslosen- oder Rentenversicherung auf den Feldern der Region beschäftigt. Auch in diesem zweiten Corona-Jahr hat die Bundesregierung die eigentlich auf 70 Tage begrenzte Frist, innerhalb der die Erntehelfer sozialversicherungsfrei beschäftigt werden können, ausgeweitet – auf insgesamt 102 Tage und trotz Pandemie. 
 
„Ohne die Saisonbeschäftigte aus Rumänien, Polen oder Bulgarien gibt es kein Spargel, keine Erdbeeren und keinen Wein. Aber in der Landwirtschaft gilt das Credo: Billig müssen die Arbeitskräfte sein“, kritisiert Werner Behrens, Vorsitzender des DGB-Kreisverbands Nienburg. „Die Bundesregierung ist auch dieses Jahr vor der Landwirtschaftslobby eingeknickt und eröffnet Tür und Tor, um die Sozialversicherungspflicht für vier Monate zu umgehen. Wir lehnen diese missbrauchsanfällige Regelung ab. Sie ist ursprünglich für die Ferienzeit von Schüler und Studenten gedacht. Darauf muss sie auch wieder begrenzt werden“ fordert der Gewerkschafter.
 
Auch in diesem Jahr werden die Unterkünfte wieder überbelegt sein, sind Sanitäreinrichtungen Mangelware und unhygienisch, werden die Hygiene- und Infektionsschutzregeln nicht eingehalten und zu wenig kontrolliert, prognostiziert Behrens: „Wegen Corona müssen Schlafräume eigentlich einzeln belegt werden. Aber auch da lässt die Bundesregierung Schlupflöcher: Wenn eine Einzelbelegung nicht möglich ist, dann darf mit einer halbierten Belegungsdichte einfach weitergearbeitet werden. Beschäftigte müssten nachts in einem Doppel- oder Vierbettzimmer schlafen, ohne zu wissen, ob Ihre Kolleginnen Sie vielleicht anstecken. Wenn wir hier vor Ort nicht bald Zustände haben wollen wie in der Fleischwirtschaft, dann brauchen die Beschäftigten besseren Schutz. Zumindest für die Dauer der Pandemie muss eine zwingende Unterbringung in Einzelzimmern gelten.“ 
Der DGB fordert Sozialversicherungsschutz ab dem ersten Tag der Beschäftigung, einen schlagkräftigen Arbeits- und Infektionsschutz und das Ende von Mindestlohnbetrug, miesen und überteuerten Unterkünften und Missbrauch. „Wenn die Zustände weiter menschenunwürdig bleiben, dann finden wir bald niemanden mehr, der auf deutschen Feldern arbeiten will. Schon jetzt werben die Betriebe vermehrt in Drittstaaten wie Moldau oder Georgien an“, gibt Behrens zu bedenken. Er fordert, dass Arbeitgeber an der Verhandlungstisch mit der zuständigen Branchengewerkschaft IG BAU kommen: „Wir brauchen einen Flächentarifvertrag, in dem die Rechte der Beschäftigten verbindlich abgesichert sind.“

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